Bei den gutartigen Erkrankungen der Schilddrüse unterscheidet man im Wesentlichen zwischen Krankheiten, die eine Überfunktion der Schilddrüse und solchen, die eine Unterfunktion der Schilddrüse zur Folge haben.
Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose)
Hier gilt es zwischen den sogenannten „Autonomien“ und der immunologisch bedingten Überfunktion der Schilddrüse zu unterscheiden.
Bei den Autonomien produziert ein Teil der Schilddrüse, meist ein gutartiger Tumor (“Adenom”), unabhängig von im Kapitel über die Schilddrüse beschriebenen Rückkoppelungsmechanismus, also „autonom“, Schilddrüsenhormon. Die Hirnanhangsdrüse kann zu Beginn die Konzentration des Schilddrüsenhormons im Blut auf normalem Niveau halten durch Hemmung des nicht-autonomen, gesunden Schilddrüsenanteils. Mit zunehmendem Wachstum der autonomen Anteile, d.h. des gutartigen Tumors kommt es jedoch zu einem Anstieg der Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut und entsprechenden Krankheitszeichen bei den betroffenen Patientinnen und Patienten.
Die immunologisch bedingte Überfunktion heisst in der Fachsprache Morbus Basedow (Morbus lateinisch für „Krankheit“, Basedow nach dem Erstbeschreiber der Symptome der Krankheit, dem deutschen Arzt Carl von Basedow 1799-1844) bzw. im englischsprachigen Raum Grave’s Disease (nach dem Erstbeschreiber Robert Graves, einem irischen Arzt 1797-1853). Beim Morbus Basedow ist die Ursache der Schilddrüsenüberfunktion in einer fehlerhaften Stimulierung der gesamten Schilddrüse durch krankhafte Antikörper zu suchen, welche die Funktion des thyroideastimulierenden Hormons der Hirnanhangsdrüse imitieren.
Die Zeichen einer Schilddrüsenüberfunktion sind vielfältig entsprechend der breiten Wirkung des Hormons im menschlichen Körper und äussern sich bei grundsätzlich stimulierender Wirkung des Schilddrüsenhormons in einer Überstimulierung. Patientinnen und Patienten mit Schilddrüsenüberfunktion klagen über Hitzegefühl, starkes Schwitzen, schnellen manchmal unregelmässigen Herzschlag, ungewollte Gewichtsabnahme (durch den beschleunigten Stoffwechsel), Haarausfall, Nervosität, Schlaflosigkeit. Manche Patientinnen und Patienten verspüren nur wenige oder keine Krankheitssymptome, suchen jedoch medizinische Hilfe wegen leichten Schluckbeschwerden aufgrund der vergrösserten Schilddrüse bzw. weil sie einen Knoten am Hals gespürt haben. Beim Morbus Basedow können als typisches Zeichen vortretende Augen (Exophthalmus) hinzukommen. Beim Vorliegen von vortretenden Augen, Kropf und schnellem Herzschlag spricht man von der sogenannten „Merseburger Trias“.
Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose)
Der häufigste Grund für eine Unterfunktion der Schilddrüse ist eine immunologisch bedingte Zerstörung des Schilddrüsengewebes, die Thyreoiditis (lateinisch für Schilddrüsenentzündung) Hashimoto (nach dem Erstbeschreiber, dem japanischen Arzt Hakaru Hashimoto (1881-1934) benannt). Aufgrund von krankhaften, gegen Schilddrüsengeweben gerichtete Autoantikörper wird die ganze oder Teile der Schilddrüse zerstört. Diese Entzündung verläuft meist ohne Symptome. Die Patientinnen (häufig handelt es sich um junge Frauen) bemerken in erster Linie die Zeichen der Unterfunktion, welche ebenfalls sehr verschieden können: Ungewollte Gewichtszunahme, ständiges Kältegefühl / Frieren, niedergeschlagene Stimmung, starke, unerklärliche Müdigkeit.
Eine weitere Form der Schilddrüsenentzündung, welche sich auch durch eine Unterfunktion der Schilddrüse äussern kann ist die Thyreoditis de Quervain (nach dem Erstbeschreiber, dem Schweizer Arzt Fritz de Quervain (1868-1940). Diese Schilddrüsenerkrankung äussert sich meist durch Schmerzen und Schwellung im Bereich der Schilddrüse aufgrund der Entzündungsreaktion. Zu Beginn können noch Zeichen einer Überfunktion der Schilddrüse vorhanden sein, schliesslich kann es, muss aber nicht, zu einer Unterfunktion der Schildddrüse kommen.
Struma oder Kropf
Die Bezeichnung Struma (lateinisch für Drüsenschwellung) oder „Kropf“ gilt jeder Vergrösserung der Schilddrüse unabhängig von der Funktion der Schilddrüse. Diese kann zu wenig (Hypothyreose), genug (Euthyreose) oder zuviel (Hyperthyreose) Schilddrüsenhormon produzieren. Aufgrund des im Kapitel Schilddrüse beschriebenen Regelkreises ist nachvollziehbar, das jegliche Unterfunktion der Schilddrüse mit entsprechend tiefer Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut zu einer Stimulation des Schilddrüsengewebes führen muss. Einerseits können einer verminderten Hormonproduktion der Schilddrüse obengenannte Entzündungen zugrunde liegen, andererseits ist und war v.a. früher der Iodmangel ein häufiger Grund für einen Kropf. Die Iodierung des Kochsalzes zumindest in der Schweiz hat zu einer deutlichen Abnahme dieser Ursache des Kropfes geführt. Durch den Iodmangel kann die Schilddrüse nicht mehr genügend Schilddrüsenhormon produzieren, der Schilddrüsenhormonspiegel im Blut sinkt, was eine vermehrte Ausschüttung von schildddrüsenstimulierendem Hormon (TSH) aus der Hypophyse führt. Das führt zu einem Wachstum der Schilddrüse mit dem Ziel einer vermehrten Ausschüttung von Schilddrüsenhormon. Zu Beginn kann durch diesen Mechanismus eine normale Schilddrüsenkonzentration aufrechterhalten werden. Mit der Zeit nimmt die Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut jedoch ab, es kommt zur Unterfunktion bei gleichzeitig deutlich vergrösserter Schilddrüse.
Diagnose von Schilddrüsenerkrankungen
Hinweisend für eine Schilddrüsenerkrankung sind die typischen Zeichen einer Über- bzw. Unterfunktion. In der körperlichen Untersuchung können möglichweise die vergrösserte Schilddrüse oder Knoten in der Schilddrüse getastet werden.
Bei Verdacht auf Schilddrüsenerkrankungen bestehen einerseits bildgebende Untersuchungmöglichkeiten. Im Vordergrund steht die Untersuchung der Schilddrüse mit einem Ultraschallgerät (s. auch Schilddrüse). Bei Hinweisen für eine deutliche Vergrösserung kann im Röntgenbild des Brustkorbs nach Verdrängungserscheinungen in erster Linie der Luftröhre gesucht werden. Mit der Szintigraphie wird iodspeicherndes, als funktionsfähiges („heisses“ bzw. „warmes“) Schilddrüsengewebe und nicht-iodspeichernde, nicht-funktionsfähige („kalte“) Anteile unterschieden.
Im Blut werden TSH-Spiegel (das Steuerhormon der Hirnanhangsdrüse) sowie die Schilddrüsenhormone T3 und T4 bestimmt. Eine Bestimmung von TRH (dem Hormon des Zwischenhirns) erfolgt nur bei bestimmten Fragestellungen.
Zur Diagnose eines Morbus Basedow werden im Blut zusätzlich die TRAK (Thyroidea Rezeptor Antikörper) gesucht.
Zur Diagnose einer Thyreoiditis Hashimoto werden im Blut TPO-AK (Antikörper gegen Thyreoidale Peroxidase, ein Eiweiss der Schilddrüse bzw. TG-AK (Antikörper gegen Thyreoglobulin, ein anderes Eiweiss der Schilddrüse) bestimmt. Auch TRAK können manchmal bei Hashimoto-Thyreoditis nachgewiesen werden.
Therapie der Schilddrüsen-Überfunktion
Die Therapie einer Schilddrüsen-Überfunktion zielt einerseits auf eine Normalisierung der Schilddrüsenhormonspiegel andererseits auf Behandlung der durch die vergrösserte Schilddrüse entstandenen Beschwerden.
Medikamente könnten die Produktion von Schilddrüsenhormon hemmen. Eine medikamentöse Therapie kommt in erster Linie beim unkomplizierten Morbus Basedow zum Einsatz. Meistens wird eine solche medikamentöse Therapie des Morbus Basedow über ½ bis 1 Jahr durchgeführt. Dann wird versuchsweise ein Absetzversuch unternommen. Leider kommt es bei einem Teil der Patientinnen zu einem Wiederaufflammen der Krankheit, so dass andere Therapiemethoden versucht werden müssen.
Eine sehr gute Möglichkeit zur Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion stellt die Radio-Iod-Therapie dar. Die Patientinnen nehmen radioaktiv markiertes Iod ein, welches dann von der Schilddrüse zur Produktion von Schilddrüsenhormon verwendet wird. Dadurch kommt es zu einer Verstrahlung des Schilddrüsengewebes. Insbesondere bei hormonproduzierenden Tumoren ist dies eine sehr effiziente Methode, da das radioaktive Iod in erster Linie im Tumorgewebe verwendet wird. Der Tumor wird zerstört, der Rest der Schilddrüse erhalten.
Schliesslich kann die Schilddrüse natürlich auch teilweise oder ganz entfernt werden. Chirurgische Methoden kommen v.a. bei mechanisch störenden, vergrösserten Schilddrüsen zum Einsatz.
Therapie der Schilddrüsen-Unterfunktion
Bei zu tiefem Schilddrüsenhormonspiegel erfolgt ein Ersatz des Schilddrüsenhormons durch regelmässige Einnahme, meist lebenslang, eines Ersatzhormons.
Zürcherstrasse 48
8953 Dietikon
Telefon 044 744 40 00